was soll ich mit so was anfangen?
“…das 1. Mal FDP gewählt zu haben, war ungefähr so wie der erste Sex mit nem Mann – ein Befreiungsschlag!”
schreibt “timo h.”
lalibertine schreibt: “Wie schwer ein Coming Out als Liberale sein kann, wenn man von Linken umgeben ist weiß ich selbst auch nur zu gut.“
das waren leser-reaktionen auf den kurzfristigen, inzwischen aufgehobenen rauswurf des ja durchaus öfters lesenswerten blogs “gay west” aus dem meinigen aggregator “planet dissi“.
die gay-westler hatten daraufhin von “konformismus der dissidenz” gesprochen. zuvor hatten sie zu meinem missfallen gerätselt, wie schwul und hübsch eigentlich christian lindner sei, der bundeswehr-oberleutnant und fdp-generalsekretär. den aktuellen semi-rückzieher aus der hardcore-sozialdarwinistischen klientel-mission, den die fdp koalitions- und realitätsbedingt zu unternehmen gezwungen ist, wurde von “gay west” als “liberale selbstauflösung” negativ abgewatscht
So,so, ich werde mir als beim nächsten Stadtbummel ein Schild um den Hals hängen: ich habe FDP gewählt und würde es wieder tun, Was mir absolut schleierhaft ist, ist der Umstand, dass in Zusammenhang mit Liberalismus, von dem es viele Spielarten gibt, immer gleich die Sozialdarwinismus-Keule kommt. Ich bin liberal, weil ich glaube, dass wir mit weniger Staat und mehr Markt alle glücklicher, ausgefüllter und zufriedener wären. So verzichte ich auch gerne auf den „Staat“ als Arbeitgeber und würde liebend gerne im Rahmen einer privatwirtschaftlich organisierten Einheit arbeiten. Ja, ich bin schwul und mag blonde Männer und finde Christian Lindner einfach sexy. Warum brauche ich hier nicht zu erklären. Dass er bei der Bundeswehr war, macht ihn für mich nicht unattraktiver.
wie verblendeter kann man als parteipolitischer fanboy eigentlich sein? wieviel deutlicher kann man in indirekter form die durchsetzung des asozialen fdp-parteiprogramms einfordern? das programm einer partei, die sich zwar “liberal” nennt, aber nichts anderes als unsympathen wie möllemann, birgit homburger, rainer brüderle, martin lindner und andere hervorbringt, die allesamt in ihrer agenda das gegenteil sind von dem, was ich mir politisch wünschen würde, um eine gesellschaft freier und damit glücklicher zu machen.
Über den Weg zum Glück kann man streiten, meiner heißt: privatisieren, Staat zurückfahren, privatisieren. Existenzgeld ist dabei durchaus eine Möglichkeit, die ich gar nicht ausschließen möchte, über die ich mich aber in Ruhe unterhalten möchte. Außerdem ein Kategorienfehler: Liberale Positionen und Personen zu vermengen. Martin Lindner ist mir privat sehr sympathisch, ich finde Leute wie Claudia Roth, Sarah Wagenknecht, Andrea Nahles, Heidemarie Wieczorek-Zeuk unterirdisch unsympathisch. Darauf Invektiven gegen ihre Parteien zu gründen, ist unlauter.
nachkriegs-dland war selten weiter entfernt von der vorstellung eines selbstbestimmten lebens für alle, etwa in einer form eines “existenzgeldes“, das die notwendige grundvoraussetzung einer individuellen souveränität erst herstellen würde (im gegensatz zur willfährigen auslieferung und abhängigkeit in ein hartz 4-system). die angeblich “liberale” politik der fdp bedeutet derweil nix außer klientel-geschenke (atomlobby, hotelsteuer etc.), “kopfpauschale” und sozialabbau.
Nachkriegs-Deutschland war nie weiter entfernt von einem selbstbestimmen Leben, wegen einer Summe an absurden, bürokratischen Vorschriften, welche alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen betreffen. Zur Klientelpolitik habe ich mich bereits geäußert, die Hotelsteuer war ein Fehler, die Liberalisierung des Strommarkts erlaubt es mir, als liberalem Kernkraftgegner greenpeace-Strom zu beziehen. Erlaubt mir also, meine Grundsätze individuell umzusetzen. Sozialabbau ist ein diffuser Kampfbegriff des DGB.
ich lasse es auch nicht auf mir sitzen, “konformistisch” zu sein, weil ich die absichten einer regierungspartei strikt ablehne. im gegenteil, ich höre derzeit wieder gerne den song der “goldenen zitronen“: “alles was ich will (nur die regierung stürzen)“.
und ich lasse es mir nicht als vorwurf gefallen, daß ich es nicht lassen kann, mich trotz aller negativen erfahrung selbst weiterhin als eher “links” einzuschätzen.
Wie sich wer einschätzt, ist mir ziemlich gleich, ich schätze mich nicht als links ein und das ist mir auch ziemlich egal. Höre in letzter Zeit gerne Charles Aznavour Emmenez-moi und das zweite Album von Vincent Delerm. Mag Rose, Dominique A. und Berry.
weshalb ich ein problem habe mit der fdp dürfte aufmerksamen leserInnen dieses blogs sowieso klar sein. meinen impuls zur zensur habe ich dennoch überdacht, “gay west” bleibt bis auf weiteres im planeten drin. es braucht wohl doch eine wesentlich penetrantere kontinuität an lobeshymnen gegenüber dieser extrem hassenswerten partei, bis ich endgültig den stecker ziehen werde. bis dahin freue ich mich auf weiterhin öfters lesenswerte artikel, die sich vielleicht etwa um homophobie, antisemitismus, die strangen theorien einer judith butler oder andere ärgernisse drehen, die wir über alle parteipolitischen gräben hinweg gleichsam zurecht kritisieren.
Warum gleich den Stecker ziehen? Warum polarisiert diese Partei nur so ? Hassenswert ist etwas anderes, eine Partei als hassenswert zu deklarieren, die auf dem Boden der Verfassung steht, ist pubertär.
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